13/02/2025 0 Kommentare
Was ist die Gebärde für ... ?
Was ist die Gebärde für ... ?
# Musik und Kultur

Was ist die Gebärde für ... ?
Im Bergkloster Bestwig treffen sich Menschen mit und ohne Hörschädigung im Februar 2025, um über die Zukunft der Seelsorge für Hörgeschädigte zu beraten. Mir ist nicht wohl, weil ich die Einzige sein werde, die die Deutsche Gebärdensprache nicht lernt. Tatsächlich sind alle anderen damit vertraut. Manche sind als Dolmetschende aktiv, manche Muttersprachler oder Muttersprachlerin. Glücklicherweise sind die Gehörlosen freundlich und großzügig. Die ganze Tagung läuft quasi zweisprachig ab. Mir brummt der Kopp schon am ersten Abend. Das hilft aber nicht. Keine Ausreden. Abends geht es bei Wein und Wasser weiter.
Woher kommen alle?
Fast alle Bistümer sind vertreten, aber nicht alle Bistümer sind personell und finanziell gut ausgestattet. Manchen fehlt schlicht das Wichtigste: DGS und Kontakte in die Zielgruppe. Gäbe es Frauenseelsorge ohne Frauen? Wir können in unseren Bistümern über alles sprechen, aber es gibt auch in der Hörgeschädigtenseelsorge zu wenig Durchsetzungkraft. Frau Heuer ist am ersten Tag der dreitägigen Tagung bei uns. Sie leitet das Büro für Behindertenpastoral der DBK in Bonn. Dort ist Frau Tiggemann als langjährige Sekretärin Dreh- und Angelpunkt aller Kommunikation.
Und die Hörgeschädigtenpastoral?
Mir schwant, dass es um Schwerhörige nicht geht. Hin und wieder blitzt auf, dass Ökumene wichtig ist und dass niemand ausgeschlossen sein sein. Alle sollen sich eingeladen fühlen.
In Deutschland sind die GehörlosenseelsorgerInnen in AGs organisiert:
- Südwest (Speyer, Trier, Mainz, Rottenburg-Stuttgart, Freiburg, Limburg),
- Bayern (Augsburg, Eichstätt, Bamberg, Würzburg, Passau, Regensburg, Augsburg, München-Freising)
- Ost (Erfurt, Dresden-Meissen, Görlitz, Magdeburg, Berlin),
- Nordwest (Münster, Hamburg, Hildesheim, Osnabrück, Münster, Essen, Paderborn, Köln, Aachen).
Wohin gehört Fulda?
Eine Teilnehmerin kommt aus der Schweiz.
Ohne DGS geht es nicht
TuK
Eine Seelsorgerin wird in den Ruhestand verabschiedet. Sie wird mit großer Begeisterung gewürdigt. Eine Frucht ihrer Arbeit ist die von allen liebevoll TuK genannte Website:
https://taub-und-katholisch.de...
Epheta
Eine Kollege stellt eine ursprünglich im Druck erschienene Zeitschrift online zur Verfügung.
https://epheta.holger-meyer.ne...
Zukunftswerkstatt
Unter Leitung einer Fachfrau erarbeiten wir in einem wie üblich mühsamen Prozess eine Vision für die Zukunft, mit der wenige zufrieden sind, weil sie zwar alle anspricht, aber nichts bietet für unsere Arbeit vor Ort. Sie lässt viele Fragen nach strukturellen Strategien offen.
Die Vision: Der Tisch, die Hände
Um einen Tisch sind Hände (groß, klein, faltig, jung, farbig, versehrt, tätowiert, ...) zu sehen. Eine Lücke lädt ein, die eigene Hand hinzuzufügen. Der Tisch hat Rollen. Er kann überallhin gebracht werden.
Wir reden mit Händen und Mimik. Hände spielen für unsere Kommunikation eine entscheidende Rolle.
Auf dem Tisch Brot und Wein, eine Ähre und eine Blume. Hinzu kommt Kuchen und Kaffee. Was muss noch auf den Tisch?
Am zweiten Abend entsteht eine Foto mit Händen an einem Tisch, auf dem Bier, Wein, Knabberzeug und Schokolade zu sehen sind. Es wird am Abschlusstag vorgestellt. Großes Gelächter. Man erinnert sich. Eine Gemeinschaft, die sich aneinander und miteinander freut. So kann es gehen. Man erinnert sich an Gespräche. Ich merke:
Ohne DGS geht es nicht
Verantwortung Gehörloser
Ein Kollege erklärt, es sei ungewöhnlich, dass Gehörlose sich an ein Auditorium Hörender wenden. Wir schätzen die gleiche Kompetenz für die Sache in allen anwesenden Kollegen und Kolleginnen. Sprecherin der Gruppe ist Schwester Judith. Gemeinsam mit einem gehörlosen Diakon leitet sie die Erarbeitung der Vereinbarungen am letzten gemeinsamen Tag. Das ginge nicht ohne die beiden anwesenden Dolmetscherinnen.
Verantwortung der Bistümer
Etliche Kollegen sind in ihrem Seelsorgedienst geteilt zwischen vielfachen Aufgaben. Gehörlosenpastoral ist nur eine davon. Ein Kollege bedauert, dass es ihm immer noch nicht gelungen ist, DGS zu lernen. Was ist eigentlich mit der Verantwortung der Arbeitgeberin für ihre Angestellten?
Verantwortung der Deutschen Bischofskonferenz
Ja, wir bestaunen die vielfältigen Aufgaben der DBK. Ja. Aber eine 50%-Stelle für Behindertenpastoral ist zu wenig. Wie soll das gehen? Alleine die Weisungsbefugnis ist nicht geklärt, was in einer hierarchisch strukturierten Organisation einer Bruchstelle gleichkommt. Frau Heuer kündigte die Focussierung auf eine Hilfe für die Erstellung von Arbeitshilfen an. Die Kollegen und Kolleginnen in den Bistümern werden so in die Lage versetzt, ihre Arbeit in die Fläche zu bringen.
Wenn wir in unseren Bistümern keine Erstkommunionen durchführen würden, ... . Aber ohne Behindertenseelsorge scheint es zu gehen. Ich bin, ehrlich gesagt, aufgebracht.
Sorge um die Zukunft der Kirche
Das Einstiegsreferat befasste sich mit der Aufarbeitung der KMU-Studie. Was vielen Kollegen und Kolleginnen in der Fläche ein gelangweiltes Schulterzucken entlockt, wurde im Verlauf der Tage in Bestwig immer wieder als brennende Frage thematisiert:
Wie erreichen wir die Jugend?
Die traditionellen Vereine vergehen ebenso wie die gewohnten Stellen für Behindertenseelsorge. Es gibt kaum noch Blinden-, Gehörlosen-, ... seelsorger. Früher waren auf diesen Stellen Priester. Heute fehlen den Gehörlosengemeinden diese Priester. Die Gemeinden verschwinden in der Unsichtbarkeit. Gibt es sie überhaupt noch?
Jugendliche suchen sich ihre eigenen Wege. Selbstbewusst kommunizieren sie in ihrer Sprache. Es hat sich längst eine Kultur aus DGS entwickelt, die schön und bemerkenswert für die Öffentlichkeit ist. Ich hadere mit der Situation in unserem Bistum. Ein Kollege blafft mich an, dann müsse ich mich halt kümmern. Das einzige Mal, dass ich mich ausgegrenzt fühle. Aber die gehörlose Teilnehmerin, die immer wieder auf die Jugend zu sprechen kommt, lässt sich nicht mundtot machen. Sie will da weiter machen. Irgendwie wird es gehen. Es wird sich zeigen. Antworten haben wir nicht. Die Sorge ist stark. Wir können sie nicht ignorieren.
Was ist die Gebärde für ... ?
Das Faszinierende an der Gehörlosenseelsorgegemeineschaft ist das ständige gemeinsame Lernen und das Interesse füreinander. Du kannst nicht DGS anwenden, ohne dem anderen zugewandt zu sein. Man sieht einander in die Augen. Die Mimik ist Teil der Kommunikation. Dadurch wird das Gespräch direkt. Mimik und Aussage der Gebärde passen zueinander.
Immer wieder kam die Frage auf "Was ist die Gebärde für ... ?".
Schrippen, Stullen, Kniften. Was ist die Gebärde dafür?
Wie sagst du "Gott ist mein Heil!"?
Die angebotenen Gebärden werden ausprobiert. Man spürt der Wirkung nach. Ginge es besser? Ist es das?
Wir lernen. Wir sind miteinander unterwegs. Der Tisch unserer Vision hat Rollen. Und ich werde wohl doch noch DGS lernen. Ein Blick in die Programme der VHS im Ruhrgebiet zeigt, dass das Angebot groß ist und das Interesse ebenso. Gut. Schließen wir also mit einer guten Nachricht.
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